Im Landkreis und der Stadt Cuxhaven klafft eine eklatante Lücke in der Versorgung von Säuglingen und werdenden Müttern: 49 Hebammen, die zum größten Teil nebenher freiberuflich tätig und hauptberuflich im Schichtdienst in Kliniken angestellt sind, stehen mehr als 1000 Geburten pro Jahr gegenüber. Viele Hebammen sind oft bereits jetzt bis zum Jahresende ausgelastet, einige nur eingeschränkt aktiv, andere bald in Elternzeit oder Rente. Der Paritätische Cuxhaven möchte zusammen mit dem Landkreis Cuxhaven dazu beitragen, die Versorgung zu verbessern und hat zu einem Treffen Hebammen und Markus Föhl als einen Vertreter des Landkreises (u.a. zuständig für den Bereich frühe Hilfen) zwecks Austausches eingeladen.
Bereits seit Ende 2021 betreibt der Paritätische Cuxhaven im Auftrag des Landkreises eine Eltern- und Säuglingsberatung. Neben Cuxhaven hat die Hebamme und Familienhebamme Heike Kastner mittlerweile Sprechstunden in Hemmoor, Langen und Nordholz hinzugenommen und würde ihre 19,25-Stunden-Stelle gerne erweitern, weil die Nachfrage so hoch ist. Die Eltern- und Säuglingsberatung war zunächst bis Ende 2022 geplant sowie finanziert und ist nun bis Ende 2023 befristet; eine Fortsetzung zwar dringlich gewünscht, aber derzeit noch ungeklärt. Insbesondere im Bereich „Frühe Hilfen“ fehlt es durch den enormen Fachkräftemangel an Hebammen; viele Mütter und Schwangere sind nicht versorgt. Das ist aber dringend notwendig, um eine gute Stillbeziehung zu fördern, bei Stillschwierigkeiten, der Pflege und Versorgung des Säuglings sowie der Mutter nach der Entbindung zu helfen. Neben der Beratung von Eltern sowie der Untersuchung von Mutter und Kind in ihrem Raum beim Paritätischen steht Heike Kastner auch für telefonische Auskünfte und zur Anmeldung für die monatlich wechselnde Trageberatung in Cuxhaven und Hemmoor zur Verfügung.
Mit ihrer Stelle sollte keine Konkurrenz geschaffen werden, vielmehr ist sie eine notwendige Ergänzung. Das betonten auch Pari-Geschäftsführerin Helle Vanini und ihr Stellvertreter Kai Uhlhorn beim erstmals initiierten Treffen. 15 Hebammen sind der Einladung gefolgt und bestätigten ihre eigene hohe Auslastung und das Gefühl, ständig an ihre Grenzen zu stoßen. Neben der freiberuflichen Betreuung von Müttern vor und Säuglingen und Eltern nach der Geburt, Geburtsvorbereitungs-, Rückbildungs -und Stillkursen arbeiten viele noch als Angestellte in Kliniken. Beim Treffen in Cuxhaven wurde ein Überblick über das derzeitige und künftige Angebot in Stadt und Landkreis vermittelt und nach Vernetzungs- und Verbesserungsmöglichkeiten gesucht.
Obwohl die Hebammenausbildung seit dem 1.1.2020 ein Studium mit Bachelor-Abschluss ist, wird diese höher qualifizierte Ausbildung in der Freiberuflichkeit gemäß Hebammen-Gebühren-Verordnung nicht besser bezahlt. Ein einheitlicher Bruttolohn pro Stunde und Frau, schlecht vergütete Fahrtzeiten sowie die Randlage des Standorts Cuxhaven plus fehlende, dem Schichtdienst angepasste Betreuungsplätze für die Kinder der Hebammen sorgen für Unmut. Gleichzeitig wurde der Wunsch geäußert, der Landkreis oder das Land Niedersachsen würden, ähnlich wie das Bundesland Bayern, neue Hebammen mit Unterstützungsangeboten „hierherlocken“. Diskutiert wurde auch die Idee eines Hebammen-Kompetenzzentrums mit wechselnd tätigen, freiberuflich arbeitenden Hebammen, die dort stets zu festen Zeiten für Schwangere und Mütter erreichbar wären. Hier fehlt es an Hebammen und freien Kapazitäten. Auch die Idee einer Hebammenzentrale, wie sie der Landkreis Stade erfolgreich betreibt, fand Anklang. Hierzu müsste eine Website – eventuell beim Landkreis Cuxhaven – geschaffen werden, auf der Hebammen Standort, freie Kapazitäten und Kurse anbieten können.
Markus Föhl, Fachgebietsleiter Erziehungsberatung und Kindertagesstätten Fachberatung beim Landkreis Cuxhaven, hörte interessiert zu und versprach, sich bis zum nächsten Treffen tiefergehend zu informieren und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegennach Veränderungschancen zu schauen. Der stellvertretende Pari-Geschäftsführer Kai Uhlhorn möchte das Thema auch in die politischen Ausschüsse holen. Hebamme Heike Kastner wünscht sich, dass sich „uns nicht bekannte Kolleginnen, die sich vielleicht in irgendeiner Art und Weise mit einbringen oder ihre Arbeit gerne wieder aufnehmen möchten“, bei ihr unter der Telefonnummer 04721/5793-29 oder E-Mailadresse eltern-saeuglingsberatung@paritaetischer.de zu melden.
Bildunterschrift: Hebamme und Familienhebamme Heike Kastner vom Paritätischen verschaffte sich einen Überblick über die angespannte Situation in Stadt und Landkreis Cuxhaven sowie die Geburtenrate im Kreißsaal Cuxhaven.


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