Foto: Gitte Grätzer, Gemeinde Wurster Nordseeküste

Ein Blick hinter die Kulissen: Regionale Einblicke vom Bundeskongress „Tag der Regionen“ in Bremerhaven

Bremerhaven. Am 16. und 17. Juni 2025 fand in Bremerhaven der 3. Bundeskongress „Tag der Regionen“ statt – organisiert vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Unter dem Motto „Starke Regionen, starke Zukunft – Raum- und Infrastrukturen resilient gestalten“ bot die Veranstaltung nicht nur bundesweite Impulse, sondern auch viele spannende Einblicke aus der direkten Nachbarschaft – von Bremen und Bremerhaven bis zum Landkreis Cuxhaven.

Ein neuer Schwung in der Stadtentwicklung – und deutliche Kritik
Zum Auftakt sprach die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz, die mit nur 37 Jahren bereits eine beeindruckende Laufbahn in Politik und Wirtschaft vorweist. Sie präsentierte den sogenannten „Bau-Turbo“, ein Maßnahmenpaket zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Ziel ist es, das Bauen in Deutschland einfacher, schneller und günstiger zu machen – durch den Abbau überflüssiger Regularien. Ihre frische, zupackende Art verlieh dem Auftakt eine spürbare Aufbruchsstimmung.

Gleichzeitig wurden kritische Stimmen laut: Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, warnte davor, dass Kommunen auf vielen Ebenen überfordert werden – etwa durch die Finanzierung des Ganztagsausbaus, die Krankenhausreform oder steigende Sozialkosten. Auch das geplante 500-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm des Bundes wurde hinterfragt, da es sich angesichts der derzeitigen Investitionsstaus gerade einmal um einen Tropfen auf den heißen Stein handele. Trips forderte, den Anteil der Kommunalfinanzierung am Bundeshaushalt von derzeit 2 % auf 6 % zu erhöhen, damit Investitionen auch wirklich bei den Menschen vor Ort ankommen.

Bremerhaven: Von Leerstand zu Begegnungsort
Dass Städte im Wandel begriffen sind, zeigte Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz mit zwei beeindruckenden Projekten:
Im ehemaligen Karstadt-Gebäude soll mit dem „NOVO Bremerhaven“ ein sogenannter „Dritter Ort“ entstehen – ein Ort der Begegnung jenseits von Wohnen (1. Ort) und Arbeit (2. Ort).
Mit dem neuen Werftquartier plant die Stadt ein nachhaltiges Wohnareal auf 140 ha – mit 3.000 Wohneinheiten für rund 6.000 Menschen.
Diese Projekte verdeutlichen, wie die Stadtentwicklung innovativ und gemeinwohlorientiert gedacht werden kann.

„Landschaft ist Kapital“: Stadtentwicklung neu gedacht
Ein inspirierender Denkanstoß kam von Prof. Andreas Kipar, Landschaftsarchitekt und Stadtplaner, in seiner Keynote „Die Stadt der Zukunft ist die Region“. Kipar plädierte für einen radikalen Perspektivwechsel: Nicht der bebaute Raum, sondern vielmehr der unbebaute Raum sei künftig entscheidend für Lebensqualität. Die Landschaft müsse ökologisch intakt, ästhetisch befriedigend und funktional sein – nicht zuletzt sei sie auch ein wirtschaftlicher Standortfaktor. Der Begriff der „nature positive cities“ – Städte im Einklang mit der Natur – solle zum Leitbild werden. Ein Beispiel: Das Airolo-Renaturierungsprojekt in der Schweiz zeigt, wie Natur und Siedlung auf neue Weise zusammengedacht werden können.

Smart Cities im ländlichen Raum – Geestland geht voran
Ein besonders erfreuliches Beispiel aus der Region: Die Stadt Geestland wurde im Rahmen der Fachveranstaltung „Digitale Daseinsvorsorge im Fokus“ als Best-Practice-Projekt vorgestellt. Als Modellkommune im Bundesprogramm Smart Cities treibt Geestland die Digitalisierung konsequent voran – etwa mit dem geplanten Einsatz eines autonomen Busses, der ab Frühjahr 2026 Bad Bederkesa mit einem Gewerbegebiet verbinden soll. Gerade in ländlichen Regionen mit dünnem ÖPNV-Angebot könnten solche Lösungen zukunftsweisend sein.

Ein interessanter Kontrast: Noch in jüngster Vergangenheit hatte der Landkreis Cuxhaven bei der Bewertung des öffentlichen Nahverkehrs schlecht abgeschnitten. Das Beispiel Geestland zeigt jedoch: Innovation findet statt – auch hier, direkt vor der Haustür.

Häfen im Wandel: Logistik, Sicherheit und Nachhaltigkeit
Auch die Bedeutung der Bremer Häfen wurde thematisiert – insbesondere ihre Rolle als logistischer Knotenpunkt für die NATO. In Zeiten geopolitischer Unsicherheiten gewinnen Cybersicherheit und Resilienz von Infrastrukturen massiv an Bedeutung. Gleichzeitig stellt die geplante EU-weite Landstrompflicht für die Schifffahrt die Häfen vor technische Herausforderungen: Ein einzelnes Kreuzfahrtschiff etwa hat den Strombedarf einer Kleinstadt – die derzeitige Energieinfrastruktur muss entsprechend ausgebaut werden, um eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen.

Fazit: Viel Bewegung – und viele Chancen für die Region
Auch wenn es sich um eine Fachkonferenz handelte, waren die Themen hochaktuell und direkt relevant für die Region: Wie wollen wir künftig wohnen? Wie bleibt der ländliche Raum lebenswert? Wie funktionieren Mobilität, Digitalisierung, Daseinsvorsorge unter veränderten Bedingungen?

Ein zentrales Fazit des Kongresses: Regionale Entwicklung ist kein Randthema – sie ist eine zentrale Zukunftsaufgabe. Und sie beginnt vor Ort, in unseren Dörfern, Städten und Gemeinden.
Umso wichtiger ist es, dranzubleiben, mitzudenken – und mitzugestalten!

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